Neue Erbrechtsverordnung zur Vereinfachung grenzüberschreitender Erbfälle

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Rafael Gómez Rodríguez

Die Verordnung 650/2012 und ihre Auswirkungen

Die neue Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO), die bereits seit dem 16. August 2012 in den meisten EU-Staaten in Kraft ist, vereinfacht das erbrechtliche Verfahren in hohem Ausmaß, indem sowohl bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit, als auch des anwendbaren Rechts künftig ein Anknüpfungspunkt maßgeblich ist: Das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Darüber hinaus können EU-Bürger nun bereits im Voraus die Erbfolge rechtssicher festlegen.

Die Verordnung sieht auch ein europäisches Nachlasszeugnis vor, womit Erben und Testamentsvollstrecker ohne weitere Formalitäten in allen Mitgliedstaaten ihre Rechtsstellung einheitlich nachweisen können. Dies sollte eine deutliche Verbesserung gegenüber der aktuellen Situation, in der EU-Bürger teilweise große Probleme haben, zu ihrem Recht zu kommen, bedeutet. Im Ergebnis wird das Verfahren schneller und kostengünstiger und verursacht einen geringeren Zeit- und Kostenaufwand.

Vor dem Hintergrund der Personenfreizügigkeit und der Mobilität in der Europäischen Union findet die Verordnung 650/2012 (Europäische Erbrechtsverordnung, EU-ErbVO) ab dem 17. August 2015 Anwendung. Hervorzuheben ist, dass die Verordnung keine steuerlichen, zoll- oder verwaltungstechnischen Fragestellungen regeln, sondern die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen im Erbrecht unterstützen soll, die wesentlich zur Vereinheitlichung des europäischen Erbrechts beiträgt.

Die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sind für den gesamten Nachlass zuständig.

Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes nicht in einem Mitgliedstaat, so sind die Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass zuständig, wenn der Erblasser die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats im Zeitpunkt seines Todes besaß, oder, wenn dies nicht der Fall ist, der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Mitgliedstaat hatte, sofern die Änderung dieses gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts nicht länger als fünf Jahre zurückliegt.

Rechtswahl und ausschließlicher Gerichtsstand: Falls der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Mitgliedsstaat hatte, dieser aber entschieden hat, die Erbsache gemäß des Rechts eines Mitgliedsstaates zu regeln, können die Verfahrensparteien auch die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedsstaates vereinbaren, unbeschadet der Tatsache, dass dieser die Rechtswahl zurückweisen kann, wenn seines Erachtens die Gerichte des Mitgliedstaats des gewählten Rechts in der Erbsache besser entscheiden können.

Das anwendbare Recht ist entweder das Recht des Staates, in welchem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte, oder durch Rechtswahl das Recht des Staates, dessen Nationalität er zum Zeitpunkt seiner Rechtswahl oder seines Todes besitzt, oder das Recht eines der beiden Staaten, wenn man in diesen eine doppelte Staatsangehörigkeit mit einheitlicher Wirkung innehaben kann.

Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Auch hat eine in einem Mitgliedstaat errichtete öffentliche Urkunde in einem anderen Mitgliedstaat die gleiche formelle Beweiskraft wie im Ursprungsmitgliedstaat. Es ist lediglich erforderlich, die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen und Urkunden beim örtlich zuständigen Gericht oder der örtlichen Behörde zu beantragen.

Rechtsanwalt Stefan Pannek

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